Die 12 Heiligen Nächte


Als Rauhnächte werden gemeinhin die Zwölf Heiligen Nächte zwischen dem 25. Dezember (Christtag) und dem 6. Januar (Dreikönig, sprich Epiphanias) bezeichnet. Zählt man auch den 24. Dezember dazu, den Heiligen Abend (der zugleich der Adam- und Eva-Tag ist, wo wir der Vertreibung aus dem Paradies gedenken), ergeben sich Dreizehn Heilige Nächte.

Die Festeszeit der Raunächte hat ihren Ursprung in der germanischen Zeitrechnung. Die Germanen kannten das Mond- und das Sonnenjahr, wobei sie in Mondzyklen von ca. 29,5 Tagen rechneten. Da das Sonnenjahr aber 365 Tage hat, besteht eine Differenz von 11 Tagen und 12 Nächten. Diese 12 Nächte sind die 12 Weihnächte oder Rauhnächte, von denen jede einem Mondzyklus entspricht. Die zwölf Monate, nach denen auch die Germanen das Jahr gliederten, bilden sich in der Abfolge der zwölf Nächte ab. Orakel, die in diesen Nächten gestellt wurden, sollten eine prophetische Vorbedeutung für die entsprechenden Monate des folgenden Jahres haben. Im Silvestertbrauchtum wird der Glaube des Orakelns in Form des Bleigießens bis heute weiter gepflegt.

In der Mythologie brach Wotan mit den Toten zur Mitte der Weihnächte (Silvester) zur wilden Jags auf. In dieser Zeit steht nach altem Volksglauben das Geisterreich offen, und die Seelen der Verstorbenen sowie die Geister haben Ausgang. Dämonen können Umzüge veranstalten oder mit der wilden Jagd durch die Lande ziehen. Unsere heidnischen Vorfahren brachten die wilde Jagd mit ihren heerführenden Göttern in Verbindung. Nach dem Glauben des Volkes aber sind es die Geister ehemaliger unbarmherziger Jäger, die zu Lebzeiten Menschen und Tiere arg mißhandelt hatten und nun lange Zeit zwischen Himmel und Erde schweben müssen, ehe sie in ihre ewige Heimat eingehen dürfen; sie werden zur Strafe für ihre Freveltaten vom Teufel mit Geschrei und rastloser, stürmischer Unruhe in der Luft umhergetrieben.

Laut Rudolf Steiner offenbart der Kosmos in diesen Nächten seine heiligsten Geheimnisse:
„Wieder ohne dass man es so recht gewusst hat in der bisherigen Wissenschaft, stehen sie da, diese zwölf heiligen Nächte, wie aus den verborgenen weisen Seelentiefen der Menschheit festgesetzt, wie wenn sie sagen wollten: empfindet alle Tiefe des Christenfestes; aber versenkt euch dann während der zwölf heiligen Nächte in die heiligsten Geheimnisse des Kosmos! – Das heißt in das Land des Universums, aus dem der Christus heruntergezogen ist auf die Erde. Denn nur, wenn die Menschheit den Willen haben wird, sich inspirieren zu lassen durch den Gedanken an den heiligen kindlichen Gottesursprung des Menschen, sich inspirieren zu lassen von jener Weisheit, welche in die zwölf Kräfte, in die zwölf heiligen Kräfte des Universums dringt, die symbolisch dargestellt sind in den zwölf Zeichen des Tierkreises, die sich aber nur in Wahrheit darstellen durch die spirituelle Weisheit – nur wenn die Menschheit sich vertieft in die wahre spirituelle Weisheit und der Zeiten Lauf erkennen lernt im großen Weltall und im einzelnen Menschen, nur dann wird zu ihrem eigenen Heile die Menschheit der Zukunft, durch Geisteswissenschaft befruchtet, die Inspiration finden, die da kommen kann von dem Jesu-Geburtsfest zum Eindringen in die zuversichtlichsten, hoffnungsreichsten Zukunftsgedanken.“

Mit den Worten von Sergej O. Prokofieff möchte ich diese kosmischen Tore ins Bewußstsein rufen, die sich zu dieser Jahreszeit am Himmel öffnen sowie die geistige Sonne, die in der Finsternis der Winternacht aufleuchtet und dem Menschen die Möglichkeit eröffnet, „auf eine in ihrer Art einmaligen Weise in den hierarchischen Kosmos, in das Weltenwirken der unsere Erde führenden höheren Hierarchien zu schauen“.

Vor uns liegt nun, wie immer man es betrachtet, eine ganz besondere Zeit. Der alltägliche Rhythmus wird durchbrochen von einer Festzeit, die es uns ermöglicht geistige Kräfte für das neue Jahr zu sammeln und einen Ruhepunkt zwischen den Jahren zu bilden.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine inspirierende und gnadenvolle Weihnachtszeit.




Die zwölf heiligen Nächte


In jenen ausgesparten Nächten,
da sich das Jahr zum Ringe schließt,
bricht quellend aus des Schlafes Schächten
ein Strom, der sich aus Gott ergießt.
Da leuchtet wie in der Legende
ein Stern an deinem Firmament,
der bis zu deiner Wallfahrt Ende
als Licht auf allen Wegen brennt.

Alfred Schütze




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